Nicht nur Raubkunst! Sensible Objekte in Museen und Sammlungen

Was ist der angemessene Umgang mit aus ethischer Sicht sensiblen Objekten in öffentlichen Sammlungen? Eine aktuelle Open-Access-Publikation gibt Antworten.

Im Rahmen ihrer umfassenden Initiative zu "Forschung in Museen" förderte die Stiftung auch einen Workshop, der sich dem Umgang mit sensiblen Objekten in wissenschaftlichen Sammlungen und den Herausforderungen im Spannungsfeld zwischen Forschung, Lehre, Recht und Verantwortung widmete. Die nun erschienene Publikation "Nicht nur Raubkunst! Sensible Dinge in Museen und universitären Sammlungen", herausgegeben von Anna-Maria Brandstetter und Vera Hierholzer (beide Universität Mainz), basiert auf den Vorträgen der Tagung, die aktualisiert und ergänzt wurden. Zusätzlich sind Beiträge enthalten, die wissenschaftshistorische bzw. -theoretische Perspektiven einnehmen: Wie verändern sich Objekte in den verschiedenen Kontexten? Wie hat sich der Blick auf sensible Objekte verschoben, und welches Verständnis von Wissenschaft steht dahinter?

In den meisten Beiträgen stehen jedoch die sensiblen Objekte selbst im Zentrum, die in einen größeren, transdisziplinären und -institutionellen Kontext gestellt werden. Der Umgang mit menschlichen Überresten (human remains) oder Gegenständen von religiöser Bedeutung (sacred objects) wird ebenso behandelt wie die Problematik von Beutekunst und illegal gehandelten Antiken. Einen besonderen Aspekt stellen Kulturgüter dar, die im Zuge der Expansion Europas seit dem 15. Jahrhundert von europäischen Reisenden, Forschern, Händlern, Militärs und Kolonialbeamten hierher verbracht wurden. Im Band wird deutlich, dass nicht nur die Beschaffenheit, Herkunft und Aneignung von kulturellen Artefakten sensibel sein kann, sonders dies potentiell für alle Dinge, die gesammelt wurden und werden, gilt – so auch für Naturalia. So lässt sich schon aufgrund der Vielfalt und des ungeheuren Umfangs naturwissenschaftlicher Sammlungen die Provenienz vieler Naturobjekte kaum nachvollziehen. Die Herausgeberinnen sehen weiterhin großen Bedarf an einem Ausbau der Provenienzforschung und der Ausbildung zukünftiger Spezialist(inn)en – auch angesichts der Debatten rund um ethnologische und kolonialzeitliche Sammlungen.

Bibliografische Angaben

Anna-Maria Brandstetter, Vera Hierholzer (Hg.)
Nicht nur Raubkunst! Sensible Dinge in Museen und universitären Sammlungen
Erste Auflage 2018
327 Seiten mit 46 Abbildungen gebunden
Mainz University Press bei V&R

Auch verfügbar zum Download via Open Access:
Download: brandstetter_hierholzer_raubkunst_wz_020716.pdf